2. SONNTAG DER OSTERZEIT

Evangelium nach Johannes (20,19-31)

 

Es ist eine unglaubliche Erfahrung, die die Freunde von Jesus gemacht haben: Einer, der einen so grausamen Tod am Kreuz gestorben ist, lebt. Er macht sich bei ihnen bemerkbar, auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Das sagen uns die Evangelisten durch viele Erzählungen. Johannes zum Beispiel erzählt, dass Maria von Magdala, Petrus und der Jünger, den Jesus liebte, das leere Grab finden. Maria hat später Jesus im Gärtner erkannt. Andere Evangelisten erzählen, dass mehrere Frauen das leere Grab entdeckt haben und dann Jesus begegnet sind. Als sie das den anderen erzählen sagen diese, dass das nur Geschwätz sei. Im heutigen Evangelium erzählt Johannes, dass die Jünger nun selbst diese Erfahrung machen: Sie sind zwar hinter verschlossenen Türen, aber trotzdem steht Jesus da vor ihnen. Er ist kein Gespenst. Es ist dieser Jesus, den sie vorher gekannt haben. Sie erkennen ihn an seinen Wundmalen.

Und dann tritt Thomas auf den Plan. Er ist zuerst nicht dabei und kann nicht glauben, was seine Freunde ihm da sagen. Und trotzdem: Es ist gut, eine Glaubensgemeinschaft zu haben, die von Jesus erzählt, in der Jesus uns anspricht! Ohne diese Gemeinschaft wäre Thomas vielleicht nicht zum Glauben an den auferstandenen Jesus gekommen.

Man kann ihn verstehen, denn das Ganze ist so unglaublich. Thomas ist ein Realist. Deswegen sagt er, dass er nur überzeugt werden kann, wenn er mit seinen Händen die Wundmale des Gekreuzigten berühren kann. Er will konkrete Beweise. Als er dann die Möglichkeit bekommt, eine ähnliche Erfahrung zu machen wie die anderen, gibt er jeden Widerstand auf. Merkwürdigerweise wird nicht gesagt, ob er tatsächlich seine Finger in die Wundmale legt, also tastbar überprüft, ob es Jesus ist. Das ist nicht notwendig: Die Erfahrung von der realen Anwesenheit von Jesus ist für Thomas überwältigend. Gott hat Jesus auferweckt, ihm neues Leben gegeben. Das ist die einzig mögliche Erklärung für die Freunde von Jesus.

Was will der Evangelist Johannes den Gläubigen seiner Gemeinde und so auch uns mit dieser Erzählung vermitteln? Die Christen von Johannes lebten rund 100 n. Chr. und haben, genauso wie wir, Jesus nie gesehen. Deswegen: „Wirklich glücklich zu nennen sind die, die Jesus nicht sehen und berühren können und trotzdem an seine Lebendigkeit, an seine wirkende Anwesenheit unter uns glauben!“ Und er fügt noch hinzu: „Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt.“

Die Freunde von Jesus waren keine naiven, gutgläubigen Menschen. Sie waren kritisch. Sie haben längere Zeit gebraucht um die Erfahrung, dass Jesus lebt, zu verarbeiten. Aber es hat aus ihnen andere Menschen gemacht. Viele sind für ihren Glauben an den auferstandenen Jesus in den Tod gegangen. Das tut man nicht für irgendeinen Traum oder für ein Phantasieprodukt. Ihre neue Lebensweise hat sie glaubwürdig gemacht. Sie haben es immer wieder weitererzählt, Menschen eingeladen, sich mit diesem Jesus auseinanderzusetzen, ihn kennen zu lernen, mit ihm vertraut zu werden.

Wir können nur zum Glauben an Jesus kommen, wenn wir uns auf ihn einlassen. Wenn wir versuchen, das zu tun, das zu leben, was er gemeint hat und dabei die Erfahrung machen: Das ist gut so. Das bereichert mein Leben. Das macht mich glücklicher. Das hilft mir zu entdecken, was echtes, wahres Leben ist. “ ... damit ihr durch den Glauben (an Jesus) Leben habt“, sagt der Evangelist Johannes.

Es ist wie beim Schwimmen. Ich kann darüber viele Bücher lesen, aber wenn ich nicht ins Wasser springe, werde ich nie schwimmen lernen. Ich muss mich auf Jesus zu bewegen. Der Glaube, dass Gott Jesus auferweckt hat, gibt mir dann Mut, Zuversicht und Vertrauen, trotz allem. Denn Gott wird auch uns ewiges Leben schenken.

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